Anlass zur Entwicklung des BeoKiz-Verfahrens
Das BeoKiz-Verfahren wurde im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie an der Fachhochschule Potsdam, der Hochschule Düsseldorf und dem IFFE e.V. im Rahmen des BeoKiz Projekts entwickelt. Details zum Projektverlauf finden sich hier.
Im Verfahren wurden die bisher in Berlin mehrheitlich separat genutzten und bearbeiteten Instrumente und Materialien in ein umfassendes, ganzheitliches Handlungskonzept auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms überführt (Autor*innen: Julia Schröder-Moritz, Ruben Maué und Prof. Dr. Irene Dittrich).
Perspektivisch werden die aktuell noch gültigen Instrumente der 'Qualifizierten Statuserhebung der Sprachentwicklung' vierjähriger Kinder in Kitas (QuaSta) und das Sprachlerntagebuch durch das BeoKiz-Verfahren abgelöst, vereinheitlicht und deutlicher in das Berliner Bildungsprogramm (BBP) eingebettet.
Aktuell existiert ein umfängliches Angebot unterschiedlichster Methoden, Instrumente und Verfahren, welches zur Erfüllung des Beobachtungs- und Dokumentationsauftrags in der Kindertagesbetreuung eingesetzt werden kann. Dabei steht jede Einrichtung vor der Aufgabe, die aus dem Angebot für die Einrichtung passenden Verfahren und Praktiken auszuwählen. Hinter den einzelnen Verfahren stecken nicht nur unterschiedliche Interpretationen des Beobachtungs- und Dokumentationsprozesses, sondern auch unterschiedliche Handhabungen dieses Prozesses, sowie unterschiedlichste pädagogische und soziale Betrachtungen kindlicher Entwicklung. Die aktuelle wissenschaftliche Diskussion beschreibt dies beispielsweise mit den ‚Drei Säulen der Beobachtung‘: prozessorientierte Beobachtung (Interessen und Themen), merkmalbasierte Beobachtung (Entwicklungsprozesse des Kindes) und eine Einschätzung des Entwicklungsstands (Viernickel, 2020).
Verschiedene Beobachtungssysteme und -instrumente setzen dabei bewusst die Eigenschaften einer einzelnen dieser drei Säulen um.
Aufbau des BeoKiz-Verfahrens
Mit dem BeoKiz-Verfahren erfolgt erstmals eine Integration der drei Ansätze 'prozessorientierte Beobachtung', 'merkmalbasierte Beobachtung' und 'Einschätzung des Entwicklungsstands' zu einem einheitlichen Verfahren. Das BeoKiz-Verfahren verbindet dabei die unterschiedlichen Ansätze zu einem anwendbaren, ressourcenschonenden Verfahren, das die Stärken der unterschiedlichen Säulen in sich vereint.
Das Verfahren beschreibt hierfür eine Abfolge unterschiedlicher Beobachtungs- und Auswertungsschritte. Anhand des BeoKiz-Verfahrens können die Themen und Interessen (prozessorientierte Beobachtung) sowie Entwicklungsstufen und -prozesse des Kindes (merkmalbasierte Beobachtung) durch Pädagog*innen erkannt werden. Integriert sind darüber hinaus Meilensteine der Entwicklung, die eine besonders bedeutsame Relevanz für den individuellen Entwicklungsverlauf haben und die im Alter von zweieinhalb und viereinhalb Jahren eine Einschätzung zum Entwicklungsstand ermöglichen (Berliner Meilensteine).
Im BeoKiz-Verfahren wird Beobachtung als ein bewusster, beachtender und gleichsam zielorientierter Prozess verstanden, durch den die pädagogische Fachkraft die Interessen jeden einzelnen Kindes wahrnehmen und gleichzeitig erkennen kann, wie sich das Kind etwas aneignet, welche Motivation die Kinder leitet, was sie tun, mit wem sie agieren, wie sie sich beschäftigen und wie sie handeln. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend sind Bildungsgelegenheiten für das Kind planbar. Als tragende Basis eines inklusiven Beobachtungs- und Dokumentationsprozesses definieren wir die Achtung der Einzigartigkeit jeden Kindes, bezogen auf alle Dimensionen von Inklusion.
BeoKiz basiert auf dem Bildungsverständnis und den Aufgabenbereichen des Berliner Bildungsprogramms und unterstützt die Gestaltung von Bildungsprozessen. Anhand des BeoKiz-Verfahrens können Interessen, Motivation sowie Entwicklungsprozesse eines Kindes durch Pädagoginnen und Pädagogen in Kitas noch besser im Alltag erkannt und die pädagogische Planung kontinuierlich davon abgeleitet werden. Dabei wird eine klare Alltagsintegration im Sinne einer Anwendbarkeit in den alltäglichen Abläufen der Einrichtung ohne die Gestaltung von (künstlichen) Situationen zugrunde gelegt, um damit Beobachtungsmöglichkeiten zu schaffen.
Um die konsequente Partizipation von Kindern als Querschnittsthema zu gewährleisten, braucht es eine kindgerechte Dokumentationsform, aus der Kinder ihre eigenen Lernprozesse und Erlebnisse erkennen, nachvollziehen, reflektieren und erinnern können. Damit Dokumentation als integraler Bestandteil des Beobachtungsprozesses wahrgenommen wird, sollten bereits im Beobachtungsprozess Fotos entstehen. Deshalb werden Beobachtung und Auswertung im Rahmen des BeoKiz-Verfahrens prozessintegriert für das Portfolio, das Buch des Kindes, dokumentiert. Die Dokumentation unterstützt das Kind darin, sich der Einbettung des Lebensumfeldes und der eigenen Interessen, Stärken und Entwicklungs(fort)schritte bewusst zu werden sowie, daraus folgend, ein positives Selbstkonzept zu entwickeln.
Die Rolle von Partizipation für das BeoKiz Verfahren
Das BeoKiz-Verfahren ist ein dialogisches und auf der Partizipation des Kindes aufbauendes Verfahren. Ein Austausch mit dem Kind über dessen Entwicklung anhand eines Portfolios sowie der aktive Einbezug des Kindes in die Gestaltung dessen wird im Verfahren explizit betont.
Durch die prozessorientierte Beobachtung und den Austausch mit dem Kind wird außerdem das Miteinbeziehen von sprachlicher Vielfalt in die Entwicklungsdokumentation ermöglicht. Durch die Erarbeitung der Portfolios und der damit verbundenen Interaktion mit dem Kind, erhält die Fachkraft einen Anhaltspunkt, um sich mit den Sprachen des Kindes aktiv auseinanderzusetzen, um somit die sprachliche Vielfalt der Kinder auf mehreren Ebenen anzuerkennen und wertzuschätzen. Indem das gesamte linguistische Repertoire des Kindes einbezogen wird, unterstützt das Dokumentationsverfahren einen inklusiven und ressourcenorientierten Umgang mit kindlicher Mehrsprachigkeit.
Auswertung und Konsequenzen der Dokumentation
Die Auswertung der Beobachtung erfolgt im Austausch der Pädagogin oder dem Pädagogen mit Kind und Eltern sowie mit den Kolleginnen und Kollegen, um eine mehrperspektivische Betrachtungsweise zu gewährleisten.
Im letzten Schritt des BeoKiz-Verfahrens arbeiten die Pädagog*innen konkrete Ideen, Angebote und Aktivitäten heraus, um den individuellen Bildungs- und Entwicklungsprozess des Kindes zu unterstützen und zu begleiten. Damit unterstützt das BeoKiz Verfahren ein wesentliches Ziel des Beobachtungsprozesses: das individuell gestaltete pädagogisches Handeln.
Die Struktur des Beobachtungs- und Auswertungsprozesses, die Verzahnung der Auswertung mit unterschiedlichen Austauschpunkten sowie die Fokussierung einer stärkenorientierten und ressourcenbewussten Dokumentationsform durch das BeoKiz-Verfahren stellen eine fundierte und umfassende Basis für die Planung geeigneter pädagogischer Ableitungen dar. Die Begleitung und Anregungen der Pädagog*innen ermöglichen Kindern, ihre Themen zu bearbeiten und sich mit ihren Interessen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen und folgend ihre Kompetenzen zu stärken und zu festigen